Kriminalstatistik 2023
Mehr aufgedeckte Straftaten dank erhöhter Polizeipräsenz – Aufklärungsquote auf höchstem Stand seit 1997.
Nach einem noch pandemie-beeinflussten Vorjahr registriert die Polizei Hamburg für 2023 einen Anstieg der erfassten Delikte um 10,9 Prozent auf 234.241. Während die Zahl der Straftaten im Bezirk Hamburg-Mitte mit den Stadtteilen St. Georg und St. Pauli deutlich zunimmt, ist die Lage in den übrigen Hamburger Bezirken weitgehend unauffällig. Im Langzeitvergleich wird die Stadt trotz des hohen Bevölkerungswachstums kontinuierlich immer sicherer. Bezogen auf die Bevölkerungsentwicklung verzeichnete Hamburg, abgesehen von den Jahren der Corona-Pandemie, nur in den Jahren 2018 und 2019 weniger Straftaten auf 100.000 Einwohner.
Wesentliche Ergebnisse:
- Hoher Anstieg bei Kontrolldelikten rund um den Hauptbahnhof: Jede vierte Straftat in Hamburg inzwischen ein Kontrolldelikt
- Anstieg der (szene-internen) Gewaltkriminalität in St. Georg und St. Pauli
- Neuer Höchststand bei Verfahren gegen die organisierte Drogenkriminalität
- Zahl der Wohnungseinbrüche trotz Anstieg immer noch unter Vor-Pandemie-Niveau
- Deutlich mehr Fälle von Ladendiebstahl und Tankbetrug durch Täter in prekären Lebenslagen
- Aufklärungsquote so hoch wie seit über 25 Jahren nicht mehr
Hamburgs Innensenator Andy Grote, Polizeipräsident Falk Schnabel und der Leiter des Landeskriminalamtes Jan Hieber haben am heutigen Donnerstag (8. Februar) die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2023 vorgestellt.
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Nach den pandemiegeprägten Vorjahren und den damit verbundenen Einschränkungen bis einschließlich April 2022, registrierte die Polizei Hamburg für 2023 einen Anstieg der erfassten Delikte auf 234.241 Fälle (+10,9 Prozent). Gleichzeitig erreicht die
Aufklärungsquote in der Hansestadt mit 48,2 Prozent den höchsten Stand seit 1997.
Während Hamburg mit der Kriminalstatistik 2022 noch punktgenau auf dem Niveau von 2019 gelandet war, stiegen die Zahlen bundesweit bereits im letzten Jahr um 3,5 Prozent im Vergleich zum letzten Vor-Pandemie-Jahr. Dieser Trend setzt sich bundesweit fort, nun auch in Hamburg. Dennoch wird die Stadt im Langzeitvergleich (über 45 Jahre) bei anhaltend hohem Bevölkerungswachstum immer sicherer. Bezogen auf die Bevölkerungsentwicklung verzeichnete Hamburg, abgesehen von den Jahren der Corona-Pandemie, nur in den Jahren 2018 und 2019 weniger Straftaten auf 100.000 Einwohner. Das Risiko, in Hamburg Opfer einer Straftat zu werden, bewegt sich damit weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau.
Mehr als Dreiviertel des Gesamtanstiegs der Kriminalität in Hamburg ist auf den Bezirk Hamburg-Mitte mit den Stadtteilen St. Georg und St. Pauli zurückzuführen. Alle übrigen Hamburger Bezirke verzeichnen nur geringe bis gar keine Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr (-0,1 bis +6,4 Prozent). Ursächlich für den starken Anstieg der registrierten Straftaten in Hamburg-Mitte (+25,2 Prozent) ist vor allem die massive Erhöhung der Polizeipräsenz, u.a. im Rahmen der „Allianz sicherer Hauptbahnhof“. Als sogenannte „Quattro-Streifen“ sind Mitarbeitende der Polizei Hamburg, der Bundespolizei, der DB Sicherheit und der Hochbahnwache seit dem Frühjahr 2023 mit erhöhter Schlagkraft überall rund um den Hauptbahnhof unterwegs und decken damit deutlich mehr Straftaten auf.
In den als Kontrolldelikte definierten Deliktsbereichen registriert die Polizei Hamburg daher besonders starke Anstiege, darunter Ladendiebstahl (+38,5 Prozent), Hausfriedensbruch (+82,3 Prozent), Beförderungserschleichung (+29,6 Prozent) und Rauschgiftkriminalität (+16 Prozent). Bei jeder vierten in der PKS registrierten Straftat handelte es sich in 2023 um ein Kontrolldelikt. Das sind über 11.000 Straftaten mehr als im Vorjahr und zugleich der höchste Stand in den letzten zehn Jahren. Der Großteil der Taten wurde im Innenstadtbereich rund um den Hauptbahnhof registriert, wo die Kontrolldelikte rund zwei Drittel der Gesamtkriminalität ausmachen.
Analog zur Entwicklung der Gesamtkriminalität registriert die Polizei Hamburg auch bei den erfassten Delikten im Bereich der Gewaltkriminalität einen Anstieg um +10,7 Prozent. Dieser ist vor allem auf eine erhöhte Erfassung von Raubdelikten und gefährlicher Körperverletzungen in den Stadtteilen St. Pauli und St. Georg zurückzuführen. Dabei ist auffällig, dass aufgrund der erhöhten Polizeipräsenz und der niedrigschwelligen Ansprechbarkeit der Einsatzkräfte vermehrt Taten innerhalb der Drogen- und Trinkerszene zur Anzeige gebracht werden, die ansonsten unentdeckt geblieben wären. So registrierte die Polizei allein im Stadtteil St. Georg im vergangenen Jahr 465 Raubdelikte. Das sind 110 mehr als im Vorjahr (+21 %). Demnach wurde 2023 jedes fünfte Raubdelikt im Stadtteil St. Georg erfasst.
Ähnliches zeigt sich auch bei den Körperverletzungsdelikten. So registrierte die Polizei Hamburg in St. Georg im vergangenen Jahr ein Plus von 132 gefährlichen Körperverletzungsdelikten im Vergleich zum Vorjahr (+22 Prozent). Auch hier sind die Betroffenen, sowohl auf der Opfer-, aber auch auf der Täterseite, in vielen Fällen der Drogen- und Trinkerszene zuzuordnen. Immer wieder kommt es bei solchen Fällen zu einer wechselseitigen Anzeigenerstattung. Rechnet man den Stadtteil St. Pauli (+185 Taten/+26 Prozent) hinzu, wurde nahezu jede vierte in Hamburg erfasste gefährliche Körperverletzung in 2023 in diesen beiden Gebieten begangen. Hamburgweit stieg die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen um +5,7 Prozent, die Zahl der einfachen Körperverletzungen um +10 Prozent.
Auch die Zahl der festgestellten Rauschgiftdelikte stieg im Zuge der Maßnahmen rund um den Hauptbahnhof und der intensiven Kontrolltätigkeiten nochmals um +12 Prozent (+1.837 Fälle) auf einen neuen Höchststand mit 17.022 Delikten. Weiterhin auffällig ist die deutliche Zunahme des Konsums harter Drogen, insbesondere Crack. Im Stadtteil St. Georg macht Crack mit rund 33 Prozent noch vor Cannabis (28,9 Prozent) und Heroin (18,5 Prozent) den größten Anteil aus. Gleichzeitig geht die Polizei konsequent gegen internationale Strukturen der organisierten Kriminalität vor, um den Drogenhandel nachhaltig zu bekämpfen. Die Zahl der schwerwiegenden Betäubungsmittel-Verfahren konnte um knapp 30 Prozent auf 111 Fälle und damit auf einen neuen Höchststand gesteigert werden.
Die Zahl der Tötungsdelikte lag im vergangenen Jahr mit 74 Taten, davon 48 versuchte Tötungsdelikte, auf dem Niveau von 2021 (76 Taten). In 12 Fällen wurde bei einem Tötungsdelikt mit einer Schusswaffe geschossen und in 34 Fällen ein Messer eingesetzt. Im Vorjahr wurden 35 Fälle von Mord und Totschlag in der PKS erfasst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Taten erst nach Abschluss der Ermittlungen in die Statistik einfließen. Von den 74 in der diesjährigen Kriminalstatistik erfassten Fällen wurden 53 in 2023 und 21 Fälle in den Vorjahren begangenen. Trotz der damit verbundenen Schwankungen geht die Zahl der Tötungsdelikte pro 100.000 Einwohner in der Langzeitentwicklung kontinuierlich zurück.
Die Zahl der Betrugsdelikte stagniert mit 30.446 Taten (+2,1 Prozent) auf dem Niveau des Vorjahres. Deutliche Steigerungen registrierte die Polizei aufgrund der intensiven Kontrolltätigkeiten im Rahmen der „Allianz sicherer Hauptbahnhof“ im Bereich der Beförderungserschleichung. 7.248 Taten entsprechen einer Steigerung von knapp einem Drittel (+29,6 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr. Auch beim Tankbetrug (+689 Taten/+30,4 Prozent) und beim Betrug mittels rechtswidrig erlangter unbarer Zahlungsmittel (+876 Taten/+20,4 Prozent) registrierte die Polizei einen deutlichen Anstieg. Dabei spielen vor allem die gelockerten Sicherheitsstandards beim kontaktlosen Bezahlen kleinerer Geldbeträge mittels Karte (ohne PIN-Eingabe) Betrügern und Taschendieben in die Hände. Starke Rückgänge wiederum registrierte die Polizei Hamburg bei weiteren Arten des Warenkreditbetrug (-1.971 Taten/-32,1 Prozent).
Auch die Zahl der Wohnungseinbrüche in Hamburg bleibt auf einem sehr niedrigen Niveau. Trotz eines Anstiegs um 574 Fälle (+ 23 Prozent) in 2023 liegt die Zahl der Wohnungseinbrüche im Vergleich zum Vorjahr mit 3.080 Fällen immer noch unter dem Vor-Pandemie-Niveau und weit unter den Zahlen der Jahre bis 2015. In rund der Hälfte der Fälle blieb es beim Versuch. Die Täter scheitern in vielen Fällen an gut gesicherten Fenstern und Türen. Polizeiliche Präventionsmaßnahmen tragen einen großen Teil dazu bei und werden seit diesem Jahr durch eigens eingerichtete Präventionsdienststellen an den örtlichen Polizeikommissariaten ergänzt.
Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich auch bei der Gesamtzahl der Diebstahlsdelikte, die zwar u.a. aufgrund einer hohen Zahl an Vorgangsrückstellungen aus dem Jahr 2022, im Vergleich zum Vorjahr um 14.180 Fälle (+17 Prozent) steigt, jedoch noch deutlich unter dem Niveau aus 2017 und früher liegt. Vor allem beim Ladendiebstahl registrierte die Polizei mit 20.074 deutlich mehr Fälle als im Vorjahr (+38,5 Prozent). Der vermehrte Einsatz von Sicherheitsdiensten und Ladendetektiven, die häufig auf Provisionsbasis arbeiten, spiegelt sich in den Zahlen ebenso wieder, wie die gestiegenen Lebenshaltungskosten, die Menschen in prekären Lebensverhältnissen spürbar belasten.
Weiterhin hohe Priorität hat aktuell die Bekämpfung des Taschendiebstahls. Das wieder deutlich intensivere öffentliche Leben, verbunden mit einer hohen Frequenz im öffentlichen Raum führte nach dem noch pandemie-beeinflussten Vorjahr in 2023 wieder zu mehr Tatgelegenheiten. Mit 13.367 Taten (+22 Prozent) liegt die Zahl leicht unter dem Wert von 2018 und früherer Jahre. Ein deutlicher Rückgang zeigt sich hingegen bei den Fahrraddiebstählen. Trotz eines wachsenden Radverkehrsanteils, registrierte die Polizei im vergangenen Jahr 13.519 Fälle und damit rund 1.200 Fälle weniger als im Vorjahr (-8,3 Prozent). Polizeiliche Erfahrungen zeigen, dass Besitzer vermehrt Wert auf eine effektive Diebstahlsicherung legen, die die Möglichkeiten der Täter deutlich einschränkt. Auch darauf hat die Polizei Hamburg in der Vergangenheit im Rahmen ihrer Präventionsarbeit immer wieder hingewiesen.
Wie stark sich Präventionsarbeit und eine gesteigerte Anzeigenbereitschaft auf die PKS auswirkt, zeigt sich auch bei der in 2023 erfassten Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Ursächlich für den anhaltenden Anstieg ist neben der bereits seit 2021 registrierten Zunahme bekannt gewordener Fälle von Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie, eine Zunahme gemeldeter Fälle von sexueller Belästigung sowie ein Anstieg bei den Vergewaltigungen, sexuellen Nötigungen und Übergriffen in besonders schweren Fällen (270 Taten). Letzteres geht vor allem auf eine erhöhte Anzeigebereitschaft zu Fällen in Partnerschaften zurück. Die Anzahl der gemeldeten Fälle von Frauen, die durch ihren Partner oder Ex-Partner vergewaltigt wurden, hat sich innerhalb von zwei Jahren von 36 auf 70 fast verdoppelt. Die Polizei appelliert weiterhin, Sexualstraftaten auch in Partnerschaften konsequent anzuzeigen. Nur wenn die Polizei Kenntnis von Straftaten erhält, kann sie umgehend einschreiten und helfen. Wesentliche Veränderungen gab es zudem bei der Opferzahl von Männern. Während im Jahr 2022 noch 26 Männer eine Vergewaltigung angezeigt haben, waren es im Jahr 2023 mit 45 fast doppelt so viele.
Innensenator Andy Grote:
„Die massiv erhöhte Polizeipräsenz und unsere Maßnahmen sind rund um den Hauptbahnhof deutlich spürbar und führen zugleich dazu, dass unsere Einsatzkräfte immer mehr Straftaten aufdecken. Steigende Fallzahlen bei Kontrolldelikten bedeuten mehr Sicherheit. Das zeigt, wie wichtig der Schulterschluss der vier Sicherheitspartner in unserer ‚Allianz sicherer Hauptbahnhof‘ ist. Der positive langfristige Trend der letzten Jahre kehrt sich durch die aktuellen Zahlen nicht um. Im ersten Jahr ohne Corona-Auswirkungen bleibt die Kriminalitätslage in Hamburg insgesamt sehr stabil. Um die Hotspots, wie beispielsweise am Hauptbahnhof, kümmern wir uns intensiv und mit einem großen Kräfteeinsatz. Unser Anspruch muss sein, den Verfolgungsdruck hochzuhalten und die Zahl der Straftaten wieder zu senken.
Unseren Polizistinnen und Polizisten können wir für das Geleistete in dem extrem herausfordernden Jahr 2023 gar nicht genug danken. An jedem einzelnen Tag sorgen sie dafür, dass sich die Hamburgerinnen und Hamburger in ihrer Stadt sicher fühlen können. Es ist ganz entscheidend ihr Verdienst, dass laut einer aktuellen Umfrage 70 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger ein positives Sicherheitsgefühl haben.“