Nachbarschaft und Polizei im Dialog – Gemeinsam für Wilhelmsburg
Am 12. Juli 2023 fand im Bürgerhaus Wilhelmsburg eine Dialogveranstaltung zwischen Mitarbeiter*innen des Polizeikommissariats 44 und der Nachbarschaft aus Wilhelmsburg statt.
Anlass der Veranstaltung war das in Teilen der Wohnbevölkerung erschütterte Vertrauen in die Polizeiarbeit vor Ort. Hierfür war der Sachverhalt rund um einen bürgernahen Beamten und Cop4U ursächlich, der über mehrere Jahre erkennbar als Polizist antidemokratische Äußerungen in den sozialen Medien verbreitet hatte.
Die Dienststelle Beschwerdemanagement und Disziplinarangelegenheiten (BMDA) [EINFÜGEN LINK zur Dienststelle] hatte bereits in ihrem Jahresbericht 2021/22 [EINFÜGEN LINK zum Jahresbericht] diesen Sachverhalt aufgegriffen.
Die Dialogveranstaltung im Bürgerhaus Wilhelmsburg ist eine von verschiedenen Maßnahmen, die sich im Nachgang zum Sachverhalt ergeben haben, obgleich ebenso deutlich wurde, dass ähnliche Veranstaltungen auch anlasslos geeignet sind, um den Dialog zwischen Zivilgesellschaft und Polizei generell zu fördern.
Am 12. Juli fanden sich gegen 18 Uhr verschiedene Vertreterinnen und Vertreter aus zivilgesellschaftlichen Institutionen, Schulen, sozialen Einrichtungen, Jugendverbänden, migrantischen und religiösen Vereinen und Gemeinden sowie etliche interessierte Bürgerinnen und Bürger im Bürgerhaus ein.
Auch viele Kolleginnen und Kollegen der Polizei zeigten Interesse, so dass insgesamt rund 100 Menschen im Saal waren. Moderiert wurde die Veranstaltung von Sonja Clasing (EINFÜGEN LINK Institut für transkulturelle Kompetenz der Akademie der Polizei Hamburg) und Nils Zurawski (EINFÜGEN LINK Forschungsstelle für strategische Polizeiforschung).
Bereits aus der im Vorfeld gemeinsam mit dem PK44, BMDA, FOSPOL und ITK aufgesetzten Einladung und inhaltlich abgestimmten Veranstaltungsplanung ging hervor, dass es im Rahmen eines World-Cafés darum gehen sollte, verschiedene Fragen und Problemstellungen zu diskutieren und zu einem kritischen Perspektivwechsel für alle Beteiligten anzuregen.
Nach einem Eröffnungsgrußwort des PK-Leiters Karl-Michael Strohmann fanden sich Polizei & Zivilgesellschaft an den bereitgestellten Stellwänden in wechselnden Besetzungen zusammen um zu folgenden Überschriften ins Gespräch zu kommen:
- Welche Fragen wollten Sie der Polizei als Organisation immer schon mal stellen?
- Die Polizei am Standort PK44 nehme ich folgendermaßen wahr: …
- Welchen Herausforderungen sollten sich Bürger*innen und die Polizei Wilhelmsburg gemeinsam widmen?
- Worin bestehen aus Ihrer Sicht Kritikpunkte an der Arbeit der Polizei und wie sollte die Polizei dieser Kritik begegnen?
Insgesamt gab es rege Diskussionen, teilweise auch mit Menschen, die sich als Gegendemonstration vor dem Bürgerhaus versammelt hatten und für eine Nachbarschaft ohne Polizei geworben hatten.
Es wurde deutlich, dass polizeiliche Maßnahmen erklärungsbedürftig sein können, dass kritikwürdiges Verhalten einzelner Kolleginnen und Kollegen aufgearbeitet werden muss, aber auch, dass nicht jede auf den ersten Blick unverständliche polizeiliche Maßnahme unter den Überschriften Rassismus und Polizeigewalt geführt werden kann.
Grundsätzlich stellte sich heraus, dass es einen differenzierten Blick auf etabliertes polizeiliches Rollen- und Aufgabenverständnis braucht und dass für diese Differenzierung der Dialog zwischen Polizei & Zivilgesellschaft hilfreich ist. Auch kristallisierte sich der Wunsch nach stärkerer Transparenz, Vernetzung und Gesprächsmöglichkeiten jenseits von Einsatzgeschehen heraus.
Gleichzeitig wurden teilweise widersprüchliche Erwartungen an die Polizei gerichtet: während ein Teil der Gäste mehr Polizeipräsenz im Stadtteil forderte, führten andere wiederum an, dass die Polizei sich mehr zurückhalten solle.
Das Dialogformat World-Café konnte schließlich dazu beigetragen, neue Wege der Kritik, des gegenseitigen Verständnisses, aber auch der offenen beiderseitigen Fragen zu konkretisieren und zu verschriftlichen.
Die Auswertung und Dokumentation der Stellwände kann hier abgerufen werden:
Als Manöverkritik lässt sich anmerken, dass Jugendliche und People of Color kaum unter den Gästen vertreten waren. Auch war das gewählte Datum als letzter Tag vor den Hamburger Sommerferien möglicherweise ungeeignet, um noch mehr Menschen zu erreichen.
Da diese Veranstaltung jedoch als Auftaktveranstaltung für einen nachhaltigen Dialog zu verstehen ist, bleibt es Aufgabe für die Zukunft, hier noch stärker adressatengerecht für die Teilnahme zu werben und gezielter in den Stadtteil hineinzuwirken.
Wir danken allen Teilnehmenden für ihr Interesse.