Staffelstabübergabe in der SP Leitung
Nach über 43 Jahren Dienstzeit verabschiedet sich Matthias „Leo“ Tresp in den Ruhestand. Eine bewegende Karriere liegt hinter ihm. Nicht nur die Polizei Hamburg hat ihn, auch er hat die Polizei Hamburg geprägt.
Nun übergibt er das Ruder der SP Leitung an seinen Vertreter Timo Zill. Zur feierlichen Verabschiedung kamen heute eine Vielzahl von Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern des scheidenden SPL zusammen.
Wir haben beiden vorab in einer ruhigen Minute noch einige Fragen stellen können:
Herr Tresp, mehr als 43 Jahre Polizei Hamburg – diverse Dienststellen, Funktionen und Einsätze. Welche Zeit hat Sie besonders geprägt, welche Funktion am meisten Spaß gemacht?
Tatsächlich muss ich im Nachgang betrachtet sagen, dass mir alle Funktionen und Tätigkeiten an jeder Dienststelle Spaß gemacht und mich die Erfahrungen mit den Menschen dort geprägt haben. Das lag vor allem daran, dass ich immer mit fantastischen Menschen in dieser großen Familie Polizei arbeiten durfte.
Gleiches gilt für die unzähligen Einsätze, die in ihrer Vielfalt und ihrer Wirkung auf mich all das abdecken, was man als Polizeibeamter oder -beamtin sicherlich erleben sowie ertragen darf und kann – von Tragödien bis Skurrilitäten.
Dazu zählen unter anderem die Einsätze rund um die Zeit der Hafenstraße, der Hamburger Kessel 1986, bei dem meine SE-Gruppe und ich von einem Molotowcocktail getroffen wurden und wir wortwörtlich in Flammen standen, Einsätze in denen Kolleginnen oder Kollegen oder auch ich selbst verletzt wurden, die schweren Gewalttaten am 21.12.2013, die ich damals in der Funktion des LBPL/V erlebte oder aber auch die Einsätze 2016 zum OSZE und der G 20-Gipfel 2017.
Allerdings kann ich sagen, dass ich meine maßgebliche Prägung als Schutzmann bereits in meinem Praktikum und meiner ersten Verwendung am damaligen Polizeirevier 16 erfahren durfte. Mein damaliger Bärenführer, Wolfgang Schaerffer, brachte mir all das bei, was es aus meiner Sicht auch heute ausmacht, ein guter Schutzmann zu sein (natürlich auch Schutzfrau). Für meine Persönlichkeitsentwicklung waren sicher auch die Jahre im Bereich der Spezialeinheiten sehr prägend, insbesondere als ich die gesamte Aus- und Fortbildung der SE auf neue Füße stellen durfte. Im höheren Dienst hat mich die Zeit am PK 16, die enorm einsatzbelastet war, aber auch die Funktion am PK 11 rund um die Probleme, die wir bis heute haben und zum Schluss natürlich die Führungsfunktion vom SPLS angefangen bis hin zum SPL geprägt.
Sie haben die Polizei Hamburg im Wandel der Zeit die vergangenen vier Jahrzehnte hautnah erlebt. Was können Sie allen jüngeren Kolleginnen und Kollegen mit auf ihren Weg in die Zukunft der Polizei Hamburg geben?
Wenn ich auf die über vier Jahrzehnte zurückblicke, wird es nicht verwundern, dass sich die Polizei und auch die polizeiliche Arbeit in vielen Bereichen gewandelt hat. Dazu gehören natürlich gesellschaftliche sowie technische Veränderungen. Was sich aber nicht gewandelt hat, ist unsere Kernaufgabe, nämlich für die Menschen dieser Stadt da zu sein.
Und was ich den jüngeren Kolleginnen und Kollegen mitgeben möchte, ist: einfach ständig sowohl für diese Veränderungen als auch für die persönliche Weiterentwicklung offen zu sein. Und was mir besonders am Herzen liegt – gerade für die nachfolgenden Generationen – ist: immer zu bedenken, dass gerade in unserem Beruf der Teamgeist und das Verbundensein als Kolleginnen und Kollegen von herausragender Bedeutung für die Bewältigung aller Aufgaben und Herausforderungen ist.
Der Blick auf die Polizei ist kritischer geworden und sowohl gesellschaftliche Veränderungen, als auch die politischen Rahmenbedingungen stellen uns stetig vor neue Herausforderungen.
Gerade die Schutzpolizei ist immer sofort an der Schnittstelle zu jeder Veränderung.
Das ist nur gut zu bewältigen, wenn wir uns ständig weiterentwickeln und immer im positiven Sinne ganz eng als Team verstehen und das auch leben. Dieses Grundverständnis galt damals und gilt heute noch genauso.
Fast 2/3 Ihres Lebens sind Sie nun schon Polizist: Wie wird Ihr neuer Lebensabschnitt ohne Uniform aussehen?
Ich habe als 16-Jähriger bei der Polizei angefangen, mit dem Eintritt in die Pension gebe ich also gemeinsam mit der Uniform einen Teil meiner Identität ab – und dieser ist nicht unerheblich.
Die Polizei empfinde ich als eine große Familie. Und plötzlich, von Hundert auf Null, nicht mehr Teil dieser Familie zu sein, wird mir sicher nicht leichtfallen. Ich habe diesen Beruf mit Haut und Haaren bis zum letzten Tag gelebt und ab dem 30. November besteht für mich die große Aufgabe darin, erst einmal mental Abstand zu gewinnen, um dann den Schritt in eine neue Identität zu gehen.
Ich werde mich dann sukzessive neuen Themen widmen. Es gibt die Idee, dass ich mich nochmal mit den Themen Wissenstransfer und Führungserfahrung um den Führungsnachwuchs im höheren Dienst kümmern könnte. Da sind wir gerade dabei Pläne zu entwickeln, wie das aussehen könnte.
Aber danach oder daneben wird es Felder geben, die mit der Polizei gar nichts zu tun haben. Ich interessiere mich seit vielen Jahren für die Ernährungsmedizin. Es gibt unter anderem die Idee, mit einem Ernährungs- und Sportwissenschaftler ein Seminarformat Führungskräfte außerhalb der Polizei zu entwickeln, wo ich teile meiner Erfahrung und meines Wissens als Führungskraft einbringen könnte.
Aber auch das Schlagzeuglernen, eine Trainerlizenz und viele Hobbys sowie die Heilpraktiker-Ausbildung stehen auf meiner To-Do-Liste – nicht um zu praktizieren, sondern zur zwecks eigener Fortbildung.
Und die Familie ist natürlich auch noch da – die wird zurecht genug von mir fordern und ich freue mich, nun endlich mehr Zeit dafür zu haben, um auch etwas zurückgeben zu können.
Ich schaue mit Dankbarkeit und Demut nicht nur auf meine Zeit in der Familie Polizei zurück, sondern auch darauf, dass ich mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen darf und noch fit und gesund bin, um mich einem völlig neuen Lebensabschnitt zu widmen.
Herr Zill, seit vier Jahren arbeiten Sie mit Leo in der SP Leitung. Was nehmen Sie aus dieser gemeinsamen Zeit mit?
Gefühlt waren wir in einer permanenten Bewältigung von besonderen Situationen. Angefangen mit Corona, dann der Nahostkonflikt, Amok, die Geiselnahme am Flughafen, zuletzt die Europameisterschaft und der HSC-Gipfel … das hat uns allen gemeinsam viel abverlangt.
Leo ist ein bundesweit herausragender Einsatzführer mit einem unfassbaren Erfahrungsschatz; am meisten hat mich aber seine messerscharfe Analyse gerade in Einsatzlagen fasziniert. Davon konnte man nur lernen.
Intern haben wir gerade beim Thema digitale Transformation aus unserer Sicht wichtige Weichen gestellt: mehr Mobipolgeräte, intelligente Videobeobachtung, Aufbau einer Drohnendienststelle, oder die Internetrecherche in der Polizeieinsatzzentrale – um nur einiges zu nennen. Leo ist und war für solche Prozesse immer offen und hat auch immer die Chancen und Notwendigkeiten für die Polizei in der Zukunft erkannt. Am wichtigsten war ihm jedoch immer die Truppe. Leo war über viele Dienststellenbesuche stets dicht dran – mit ganz viel Leidenschaft, Menschlichkeit und Haltung. Das hat mir immer sehr imponiert.
Unsere gemeinsame Zeit hat uns als Führungsteam eng zusammengeschweißt und ich kann heute sagen, dass ich mit Leo freundschaftlich verbunden bin. Es war mir eine Ehre, mit ihm so intensiv zusammengearbeitet zu haben.
Das Funkgerät Peter 1/01 liegt nun in Ihren Händen. Wie sehen Ihre Wünsche und Ziele für die Zukunft der SP aus?
Uns zeichnet in der Polizei ein besonderer Teamspirit aus. Ich wünsche mir, dass wir mit diesem Teamspirit die Polizei der Zukunft gemeinsam gestalten.
Die PFR hat jüngst die drei herausragenden Handlungsfelder „Personal, Digitalisierung und gesellschaftliche Stabilität“ für die nächsten Jahre bis 2030 für die gesamte Polizei erarbeitet, die Anfang des Jahres 2025 „starten“. Daran werde ich mich orientieren.
Wir müssen die polizeilichen Kernaufgaben in den Dienstgruppen, in den Zügen und in der VD personell stärken, uns aber auch die Chance erhalten, uns innovativ weiterzuentwickeln.
Dazu gehört der weitere Ausbau von Mobipol, aber auch die Entwicklung der Vision des „Streifenwagens der Zukunft“. Das werden wir zeitnah angehen.
Die Gesellschaft verändert sich und steht mit Themen wie z.B. Migration und Extremismus vor anspruchsvollen Herausforderungen. Deswegen wird es künftig auch darum gehen, die Polizei in den Regionen und in den Stadtteilen stärker handlungsfähig zu machen.
Was wünschen Sie Leo für die nun anstehende Zeit nach der Polizei?
Wer Leo kennt, weiß, dass er immer 110 % für seine Polizei Hamburg gegeben hat. Ich wünsche ihm nun, dass er mit dem Abenteuer Pensionierung glücklich und zufrieden sein wird. Und dazu gehört natürlich auch die notwendige Prise Gesundheit.
Du darfst nun rückblickend voller Stolz und mit Zufriedenheit das Funkgerät Peter 1/01 weiterreichen.
Mach‘s gut Leo.
Der Staatsrat der Behörde für Inneres und Sport Thomas Schuster ließ es sich nicht nehmen SPL mit einer Rede zu verabschieden. Unser Polizeipräsident Falk Schnabel fasste Leo's polizeiliche Laufbahn noch einmal zusammen und bedankte sich herzlich für seine Dienste, bevor er dem scheidenden SPL seine vorläufige Pensionierungsurkunde überreichte. Vorläufig, da er offiziell erst zum 1. März 2025 in den Ruhestand gehen wird. Sein letzter Arbeitstag war dennoch der heutige – Überstunden und Resturlaub haben sich nun mal angesammelt und wollen noch zum Einsatz kommen.
Wir sagen „Tschüs“ und wünschen Leo einen tollen Start in den neuen Lebensabschnitt mit viel Gesundheit und einer Menge spannenden Erlebnissen.
Katharina Dehn, PÖA 2