Ein Schockanruf, ein pensionierter Kriminalbeamter, eine clevere Idee – und am Ende ein Zugriff
Am frühen Abend des 7. April klingelt das Festnetztelefon eines 61-jährigen Hamburgers. Eine weinende Stimme meldet sich: „Papa, ich habe jemanden überfahren!“ Dann übernimmt ein angeblicher Polizist das Gespräch. Die Forderung: 75.000 Euro Kaution, um den Sohn vor einer Haftstrafe zu bewahren. Ein perfides Spiel, das auf Angst und Schock setzt – und leider viel zu oft funktioniert.
Doch in diesem Fall läuft es anders. Denn am anderen Ende der Leitung ist kein ahnungsloses Opfer – sondern ein ehemaliger Kriminalbeamter des Hamburger Betrugsdezernats. Und der denkt blitzschnell mit: Statt aufzulegen, spielt er den verängstigten Vater, gibt an, nur 27.000 Euro im Haus zu haben und gibt als Abholadresse nicht seine eigene, sondern die seines Nachbarn an.
Wie es der Zufall so will, telefoniert der Geschädigte über sein Mobiltelefon im gleichen Moment mit seiner Amtsnachfolgerin bei der Hamburger Polizei, der neuen Einsatzgruppenleiterin im LKA 433 Trickdiebstahl/-betrug. Und es kommt noch besser, denn das Festnetztelefon ist auf Mithören geschaltet.

Als die Beamtin das Gespräch hört, ist ihr sofort klar, worum es geht. Sie alarmiert zwei Kollegen und fährt selbst zum vermeintlichen Übergabeort. Die zuständige Polizeidienststelle kann in dem Moment aufgrund der Einsatzlage keine Streife schicken – umso schneller reagiert das Hamburger Trio.
Was dann folgt, ist echte Polizeiarbeit: Die Kolleginnen und Kollegen bleiben mit dem Geschädigten in Kontakt, koordinieren den Zugriff, stimmen sich mit der zuständigen Leitstelle ab.
Kurz vor 19 Uhr fährt ein Taxi beim Geschädigten vor, ein junger Mann steigt aus, betritt das Grundstück, hält ein Handy am Ohr. Als er wieder geht, übergibt ihm der Rentner den „Geldumschlag“ – und genau in diesem Moment greifen der pensionierte Kollege und die aktive Kollegin gemeinsam zu.
Der mutmaßliche Geldabholer wird fixiert, kurz darauf treffen zwei Streifenwagen ein. Der 21-jährige Mann, ein tschechischer Staatsangehöriger, wird festgenommen und später dem Haftrichter vorgeführt – mit dem Ergebnis: Untersuchungshaft.
Der Zugriff ist ein Beispiel für Teamarbeit, für schnelles und entschlossenes Handeln – und für das, was Polizei ausmacht: einen klaren Blick, das richtige Bauchgefühl und den festen Zusammenhalt im Einsatz.
Dies würdigte LKAL Jan Hieber, der den aufmerksamen Pensionär zu sich einlud und in einem Gespräch ein herzliches Dankeschön für dessen umsichtiges Handeln aussprach.
Susanne Binnewies, PÖA22